So werden Impfstoffe in Europa zugelassen
Die Corona-Impfung ist eins der wichtigsten Mittel bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Mittlerweile sind mehrere Impfstoffe gegen COVID-19 in Europa zugelassen. Doch wie läuft ein Zulassungsverfahren ab? Mehr dazu erfahren Sie in diesem Artikel.
Impfen ist auch Vertrauenssache. Die Einhaltung von Standards bei der Herstellung und klinischen Erprobung sowie behördliche Kontrollen bei Entwicklung, Zulassung – und auch danach – rechtfertigen das Vertrauen, das Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und weltweit in Impfungen haben.
Die Corona-Schutzimpfung macht den entscheidenden Unterschied!
Das zentralisierte Zulassungsverfahren in Europa
Es werden hohe Anforderungen an die Zulassung von Impfstoffen in der Europäischen Union (EU) gestellt. In Deutschland, wie in den meisten EU-Ländern, wird ausschließlich mit COVID-19-Impfstoffen geimpft, für die die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA (European Medicines Agency, Website auf Englisch) im ersten Schritt, nach Prüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, eine Empfehlung zur Zulassung in der EU ausgesprochen hat. Die EMA (European Medicines Agency) koordiniert in der Regel das zentralisierte Zulassungsverfahren von Impfstoffen in Europa und bearbeitet Anträge auf Zulassung von COVID-19-Impfstoffen prioritär. Sie hat ihren Sitz in Amsterdam und ist zuständig für die Beratung pharmzeutischer Unternehmen während der Entwicklung neuer Arzneimittel. Zudem fällt die wissenschaftliche Bewertung und Empfehlung von Zulassungen von Arzneimitteln in ihren Zuständigkeitsbereich. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten führt die EMA die Überwachung der Herstellung, Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel nach Zulassung in der Europäischen Union aus.
Gründliche Bewertung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA)
Die Bewertung eines EU-Zulassungsantrags dauert je nach Verfahren bis zu 210 Werktage und erfordert in der Regel die Einreichung aller Daten durch die Antragsteller in einem Paket. Für COVID-19-Impfstoffe und Arzneimittel wurde ein sogenanntes Rolling-Review-Verfahren ermöglicht, das eine sukzessive Einreichung von Daten ermöglicht. So wird das Verfahren zeitlich verkürzt, denn eingereichte Daten können so fortlaufend geprüft und bewertet werden. Im Bewertungsverfahren wird geprüft, ob ein Impfstoff unbedenklich ist und eine hohe Wirksamkeit hat, ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis nachgewiesen werden kann und die Qualitätsanforderungen erfüllt sind.
Darüber hinaus werden Aspekte wie die Herstellung und Eignung der vorgesehenen Qualitätskontrollen, das Risikomanagement oder die Einhaltung internationaler Standards an Laboruntersuchungen, Impfstoffherstellung und klinischer Prüfungen unter die Lupe genommen. Danach entscheidet der zuständige Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) bei der EMA anhand von wissenschaftlichen Gutachten, ob eine Empfehlung für eine Zulassung ausgesprochen werden kann. Dem CHMP gehören Expertinnen und Experten aller Arzneimittelbehörden der EU-Mitgliedstaaten an. Die Anforderungen an COVID-19-Impfstoffe sind die gleichen wie für jeden anderen Impfstoff in der EU und werden auch in der Pandemie nicht gesenkt. Ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis einer Impfung ist entscheidend für eine Zulassungsempfehlung. Die Daten aus den klinischen Prüfungen müssen neben der Wirksamkeit in Bezug auf den Schutz vor einer Erkrankung an COVID-19 auch die Unbedenklichkeit und Qualität des Impfstoffs belegen.
Zulassung durch die Europäische Kommission
Im Falle einer positiven Bewertung gibt der CHMP eine Stellungnahme mit Zulassungsempfehlung an die Europäische Kommission ab. Diese entscheidet auf Grundlage der Zulassungsempfehlung über die Erteilung der Zulassung eines Impfstoffes in der EU und damit auch in Deutschland.
Das Zulassungsverfahren dient somit der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, denen die Impfung verabreicht werden soll.

Zulassung von Impfstoffen
Darum ging die Zulassung der COVID-19-Impfstoffe so schnell
Normalerweise können 15 bis 20 Jahre vergehen, ehe Hersteller einen Impfstoff zur Marktzulassung bringen. Doch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ging alles viel schneller – auch, weil Expertinnen und Experten über neue Technologien bei der Entwicklung und Herstellung der Corona-Impfstoffe verfügten und auf Erkenntnissen aus anderen Impfstoffprojekten gegen verwandte Viren aufbauen konnten.
Weltweiter Kraftakt
In einem kollektiven Kraftakt haben Forscherinnen und Forscher weltweit zeitgleich daran gearbeitet, Impfstoffe zu entwickeln, ihre Ergebnisse zum Erreger miteinander geteilt und über Daten aus der Entwicklung früh mit den zuständigen Behörden beraten. Ein derartig internationales wissenschaftliches Zusammenwirken gab es vor dieser Pandemie noch nie. Mehrere Unternehmen haben so in kurzer Zeit erfolgreiche Impfstoffkandidaten gegen COVID-19 entwickelt und zur Zulassung gebracht. Weitere Informationen zur Entwicklung und Sicherheit der Corona-Impfstoffe erhalten Sie in diesem Artikel. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) befinden sich aktuell noch 126 mögliche Kandidaten für Corona-Impfstoffe in klinischen Prüfungen, rund 194 weitere sind in der
vorklinischen Entwicklung. (Stand: 12.10.2021)
In Deutschland hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, die COVID-19-Impfstoffentwicklung mit höchster Priorität unterstützt. An europäischen zentralisierten Zulassungsverfahren sind Expertinnen und Experten des Paul-Ehrlich-Instituts aktiv beteiligt. All dies hat schon bei der Entwicklung der Corona-Impfstoffe zu enormem Zeitgewinn geführt – ohne, dass dabei Sorgfalt und Qualität vernachlässigt wurden.
Rolling Review: Zeitgewinn durch Prozessoptimierung
Bei einem internationalen Notfall wie der Corona-Pandemie sind beschleunigte Zulassungsverfahren möglich. So konnte wertvolle Zeit durch das sogenannte Rolling-Review-Verfahren gewonnen werden – die fortlaufende Prüfung nacheinander eingereichter Datenpakete. Normalerweise liegt vor Beginn des Bewertungsverfahrens ein vollständiger Zulassungsantrag mit allen erforderlichen Daten vor. Beim Rolling-Review-Verfahren hingegen beginnt der CHMP bei der EMA den Bewertungsprozess bereits, sobald erste Datenpakete verfügbar sind. Dies erlaubt dem Impfstoffhersteller, Daten zur Vorab-Bewertung für die EU-Zulassung vorzulegen, noch während die klinische Phase-3-Prüfung läuft. Der CHMP prüft, wann genügend Daten vorliegen, die eine positive
Nutzen-Risiko-Abwägung erlauben und empfiehlt dann die Antragstellung. Eine Entscheidung über die Empfehlung zur Zulassung an die Europäische Kommission
fällt dadurch vergleichsweise schnell.
Lückenlose Überprüfungen
Grundsätzlich lassen die Beteiligten also keine Überprüfungen aus – stattdessen führen sie die in der Regel nacheinander stattfindenden Bewertungen teilweise parallel oder kombiniert durch und bereiten die Zulassungsverfahren frühzeitig vor. Auch dabei gilt: Trotz Beschleunigung bleiben die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe in jeder Phase unverändert hoch. Das beschleunigte Zulassungsverfahren in der EU ist nicht zu verwechseln mit dem Notfall-Zulassungsverfahren, das in einigen anderen Staaten durchgeführt worden ist.
Die aktuell zugelassenen Impfstoffe gegen COVID-19
In der Europäischen Union zugelassen sind bislang die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca, Johnson & Johnson und Novavax. Weitere Unternehmen – etwa CureVac – übermitteln ihre Studiendaten bereits zur Auswertung an die EMA. Hier erhalten Sie einen umfassen Überblick der EMA über den aktuellen Entwicklungsstand einer ganzen Reihe von Corona-Impfstoffen (Englisch). Eine Übersicht zu den Impfstoffmengen und der Anzahl der gegen COVID-19 geimpften Personen finden Sie tagesaktuell im Impfdashboard.